About Glass Ceilings and Sticky Floors

13. September – 4. Oktober 2014

Pauline Boudry/Renate Lorenz (CH/DE), Jonas Etter (CH), Johanna Gustafsson Fürst (SE), Carl Palm (SE), Bernadette Wolbring (DE/SE), Lisa Biedlingmaier (DE/CH)

 

curated by peekaboo! 

Der Ausstellungstitel About Glass Ceilings and Sticky Floors bezieht sich auf zwei Begriffe, die oftmals benutzt werden um Diskriminierung, von Frauen und anderen Minderheiten, in der Arbeitswelt zu benennen. Die „Glass Ceiling“ bezeichnet das Phänomen, dass diesem Personenkreis – unabhängig von ihrer Leistung – oftmals verwehrt wird, auf die obersten Sprossen der Karriereleiter zu steigen.  Durch „Sticky Floors“ werden viele aber davor schon aufgehalten: Diskriminierende Einstellungsmuster sorgen dafür, dass diese Minderheiten unten bleiben. In dieser Ausstellung wird der Titel allerdings weiter gefasst und auf Hindernisse und Machtverhältnisse im allgemeinen angewandt.

In Jonas Etter´s Arbeiten werden oftmals Alltagsgegenstände durch eine unerwartete Materialität neu definiert, ihrer ursprünglichen Funktion beraubt und somit in einen neuen Kontext gestellt.

Das Video The Grand Gesture (2012) ist formal genauso reduziert wie Etters installativen Arbeiten. Auf den ersten Blick ist fast nichts sichtbar, nur eine Schattenfuge, zwei kleine Punkte und ein leicht gelbliches Weiss auf weissem Grund. Es geschieht lange nichts, so lange, bis die Schwerkraft ihre Wirkung tut, die weisse Fläche kurz in Bewegung gerät und das Blatt nach unten gefallen sichtbar wird. Das einfache Setting und das alltägliche Material werden durch Reduktion und Kontemplation überhöht, wie es sich für eine grosse Geste gehört, wobei diese ebenso wie wohl auch die monumentalen Setzungen der Minimal Art ironisiert werden.

 

In Pauline Boudry/Renate Lorenz vorwiegend filmischen Arbeiten geht das Künstlerinnenduo oft von historischem Material aus, in der Regel Fotografien oder Filmen, das sich auf kaum beachtete historische Momente der Queerness beziehen. Ihre Arbeiten stellen Bezüge zwischen diesen, in der Vergangenheit liegenden Phänomenen, und der Gegenwart her und zeigen Möglichkeiten für eine queere Zukunft auf.

Im Zentrum der im Kunstlager gezeigten Filminstallation Normal Work steht Hannah Cullwick, die als Dienstmagd arbeitete und Fotografien inszenierte. (siehe gesondertes Blatt)

 

´s Arbeiten haben oft die Form ortsspezifischer Installationen, architektonischer Strukturen, Performances oder sozialer Situationen. Sie interessiert sich für Gegenstände oder Aktionen, die Kettenreaktionen zwischen Ästhetik, sozialer Konvention, Ideologie und Politik auslösen. Es geht ihr um Übersetzungen, in denen jene Reaktionsketten justiert werden, die zwischen Ästhetik und Konvention, Ideologien und Politik hin und her flippern. 

No Can Read See Can Not not Can not  Can't Think, Move Not Act No Not, so lautet der Titel der Arbeit, die Fürst eigens für die Ausstellung entwickelt und installiert hat. In dieser neuen Arbeit erkundet sie weiterhin, inwiefern Transparenz als Machtmittel eingesetzt werden kann. Denn irgendwo zwischen Rücksichtsmaßnahmen, persönlicher Weiterentwicklung und mächtigen Konzernen trudelt unser Alltag herum. Die Arbeit spielt mit dem Standort des Besuchers und seiner/ihrer Fähigkeit, Informationen aufzunehmen. No Can Read See Can Not not Can not  Can't Think, Move Not Act No Not offeriert ein aktiviertes Nichts und ein Fitness-Center der Realisierbarkeit.

 

Carl Palm benutzt in seiner künstlerischen Arbeit ganz unterschiedliche Methoden und Materialien: Textilien, Bronze, Kuratorisches.

Für die Ausstellung About Glass Ceilings and Sticky Floors enwickelte Palm: RG: B feast at least, wake me up before u go conundrum face, fixed up lair, cut of ear trick 4 smear… 

Die Arbeit ist von einer unsichtbaren Hand in abstrakte Form gebracht und handelt von Erinnerung und Vermissen. Auch davon, was wir uns einbilden und was sein könnte. Wie andere Arbeiten von Carl Palm, so weist auch dieses Werk auf einen anderen Ort hin, erzeugt Bedeutung ohne sie zu vereinnahmen, zieht den Kontext und die anderen Arbeiten der Ausstellung mit in Betracht. Das Gespräch der Träume mit dem aufmerksam lauschenden Künstler ist schon abgeschlossen. Nun ziehen sich die Teile wieder von uns zurück. Genau hier aber ereignet sich ihre Konstruktion erst eigentlich: Sie werden zu den Werkzeugen unserer Träume, Bedeutungen und Entscheidungen.

 

Bernadette Wolbring beschäftigt sich in Ihrer Arbeit Atlas Shivers mit Prozessen der Globalisierung aus feministischer Perspektive. Im Fokus steht dabei die Frage nach Auslösern weiblicher Unterdrückung und der Rolle, die dabei sozio-kulturelle Traditionen, neo-liberaler Kapitalismus und Imperialismus spielen. Ausgangspunkt für die Installation, die Wolbring für diese Ausstellung entwickelt, ist die Unterdrückung von Frauen als Folge der Tourismusindustrie in Thailand.

 

In der Videoinstallation Undefined beschäftigt sich Lisa Biedlingmaier mit dem kreativen Prozess und filmt KünsterInnen in ihren Ateliers bei Handlungen, die an schamanische Tänze erinnern. Die gefilmten KünstlerInnen versetzen sich dabei in einen Zustand, der es ihnen ermöglicht die Grenze zur Erlangung kreativer Eingebung zu überschreiten. Dies erinnert an eine Beschreibung des kreativen Entstehungsprozesses von David Lynch, der sich diesen so vorstellt, als würde jemand aus einem Nebenraum Puzzleteile herüberwerfen, aus denen erst nach und nach ein klares Bild entsteht. Das Atelier ist ein Ort, an dem die Ideen ihren Anfang nehmen und noch vermeintlich frei von jeglichen Konventionen sind.

 

Bernadette Wolbring